Sagen wir einfach ich hatte, wie auch der Rest der der Selbsthilfegruppe, anspruchsvolle aber großartige Tage hinter mir und freute mich sehr auf ein paar erholsame Tage. Die Mitglieder der “anonymen Arbeitssüchtigen” und ich starteten also mitten in der Nacht mit der Vermutung, wir seien allein auf der Autobahn. Dem war nicht so. In mir reifte die Erkenntnis, dass der katastrophale Verkehrskollaps nur durch die Tatsache ausbleibt, dass sich der Verkehr nun auf 24 Stunden verteilt.
Mehrere Schlaf/wach-Phasen später, und nein ich war nicht der Fahrer, waren wir bereits in Österreich, dem Land Adolf Hitlers, aber auch großartiger Berge, und völliger Strahlenfreiheit! Kein WLAN, kein Mobilfunk nix! Ich benutze solche Gelegenheiten immer um einmal zu testen, ob ich noch in der Lage bin ohne Internet zu leben. Ich sollte versagen, aber mehr dazu später. Bis dahin sollte der Flugmodus “meditativer Antistrahlenzustand” heißen.
Als mein Bewusstsein wieder online war, sah ich tiroler Berge. Den leicht abenteuerlichen Aufstieg von ca. 2000 Metern in Richtung Ausspannalm, meisterte der VW T5 mit Achsschmerzen, aber souverän. Oben angekommen hatte ich das Gefühl von außen und innen wohlig umschmeichelt zu werden, denn der Eigentümer unserer vorübergehenden Behausung kommentierte meinen Kofferschleppwahn zunächst mit:
Arbeiten kann’st späta. Jetzgibsersma a Schnappserl!
Ich hatte den Mann in mein Herz geschlossen.
Die Reisegruppe und ich waren sofort eins mit der Natur. Einzig allein die wilden gefräßigen Tiere lenkten von der trügerischen Ruhe ab. Gleich am ersten Tag merkten wir, dass hier nicht nur genetisch mutierte Superhirnfische im Teich waren, sondern nahezu die gefräßigsten Eichhörner die ich je erlebt hatte. Der Superfisch sollte uns nachhaltig schmecken bzw. zunächst beschäftigen, da er sich an der Angel minutenlang tot stellte, bevor er sich, mit ruckartig rollenden Bewegungen, gefühlte 10 Meter über eine Wiese zurück ins Wasser flüchtete. Später erwischte unser ambitionierte Angler-Nerd ihn, aber er wird mir nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Die Eichhörner waren sich ihrer Niedlichkeit bewusst. So hatten Sie über Jahre die Menschen dazu dressiert sie mit Nahrung zu versorgen. Diese Eichhörner versteckten ihre Nahrung auch nicht (zumindest nicht alles), sondern aßen einfach. Welch ein Leben. So klopften Hemmy und Findus morgens gern mal an die Scheibe um ihr Essen einzufordern.
Erwähnte ich die Strahlenfreiheit? Als einer seiner letzten Bemerkungen sagte mir der sympathische Eigentümer.
WLAN habts auch. Der Schlüssl is an da Kistn.
Verdammt! Naja, nur kurz den Lesestand meines Kindles mit dem iPhone synchronisieren. Ach und… Wieder drin. Das war es mit der Strahlenfreiheit.
Unser Berg wird im Winter als Skigebiet missbraucht. Mangels Schnee entschieden wir uns aber, den Berg zu Fuß zu erkunden. Wir kamen ca. 100 Höhenmeter weit, die sich anfühlten wie 1000. Ach ja, stimmt… Die Luft ist hier dünner versuchte ich mein Schnaufen zu erklären. Es kann ja nicht am mangelnden Sport liegen *keuch*. Der Vorteil an der durchaus peinlichen Situation war allerdings, dass ich mich nun auch mal umdrehte. Ich sah die schönste Berglandschaft meines Lebens.
Der Großglockner! (Wer nennt Berge denn so?) war weiter weg als wir dachten. Mein Magen und ich waren sich einig. Es war weit weit weit weg. Das kurvige Erklimmen eines sterbenden Gletschers war es mir aber deutlich wert. In ein paar Jahrzehnten, vermutlich Jahren, ist dort nur noch Berg ohne Gletscher. Die Temperatur fiel um arktische 20 Grad was alle anderen Menschen nicht störte, die hatten ja Winterkleidung dabei. Der Gletscher auch halb abgeschmolzen noch wirklich sehenswert.
Eines der Weibchen hatte einen großartigen Reiseplan erstellt und so kamen wir noch in den Genuss der Garlitzer Klamm, mehrerer spektakulärer Wasserfälle und des Toblacher Sees. Man hat für eine Woche recht viel zu sehen wenn man möchte. Die italienische Grenze haben wir währenddeessen überfahren, auch wenn diese nicht als solche zu erkennen war. Wir widerstanden dem Drang weiter bis an die Adria zu fahren und aßen dafür mehr. Ich hielt die Entscheidung für richtig 😉 . Es gab auch zumindest einen reinen Entspannungstag der mir half zumindest mal eins von meinen parallel gelesenen Büchern zu beenden.
Fazit: Lesen, essen, trinken, geniessen, wandern. An meiner Seite die besten der Besten und die EINE oder keine… Alles durchsetzt von einer urigen, großartigen Hütte, tollen Landschaften und noch tolleren Menschen. Ich bin wieder aufgetankt. Der Akku liegt bei 120%