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Von Arabern, die Haare schneiden

Die wallende Mähne meines Haupthaares mutete sich an, so langsam zu einem MacGyver-Gedächnis-Look zu werden. Angstzustände kamen mir bei der Vorstellung, in der Innenstadt als “Popper” angepöbelt zu werden. So konnte es nicht weiter gehen. Michael Knight musste sterben und zu James Bond werden – zumindest im Haaransatz. So führte mich mein Weg in den Billig-Friseur-Ketten-Laden der Wahl, mit dem ich immer zufrieden war. Nein, das sollte keine Diskriminierung des Friseur-Handwerks sein – im Gegenteil. Eher möchte ich eine Lanze für manche “Billigketten” brechen, welche durch aus in einen solch eingerichteten Olymp der Hairstylisten gehören.

Wie dem auch sei, irgendwas war anders. Leicht ignorierend zur Kenntnis genommen, hatten mich die anwesenden Damen wie selbstverständlich angewiesen “durchzugehen”. Mir ragten Fragezeichen aus dem Vorderhirn. Aber ich bin ein artiger Junge und überlegte, was mich im “Durchgang” erwarten würde. Ein Kaffeesalon? Ein Chillout-Lounge-Wartebereich? Was nun folgte wunderte mich irgendwie.

3 Araber diskutieren über die Welt während einer von denen einem Bleichgesicht den Nacken ausrasiert. Mir war spontan 3 Grad wärmer. Ich hatte das Gefühl in Bagdad bei einem Barbier zu Gast zu sein. Als Werbeonkel dachte ich hier schon… Das Konzept ist ganz cool.

Das Bild stammte aus Amsterdam während der 30er Jahre – Kommt dem aber sehr Nahe. (Wikipedia)

Ich blickte auf Holzarmaturen, alles irgendwie auf alter Barbierladen getrimmt. Sehr gemütlich und warm. Das Spritzwasser kam aus einer ehemaligen Jim Beam Flasche. Okay, vielleicht war es auch Jim Beam – wer weiß das schon.

Die Leistung des “Arabers”, ich muss Ihn mal fragen wo er wirklich herkommt, war großartig wie immer. Nur das noch etwas mehr Service geboten wurde. Die Konturen war noch sauberer als früher und er hat sich etwas mehr Zeitgelassen, obwohl er gefühlt wahnsinnig schnell ist.

In mir reifte eine Erkenntnis. Egal ob Araber, Syrer – egal ob Buddhist oder Moslem, wir sind alles andere als allein in Deutschland. Bei 4 Millionen Syrern, die in Europa unterwegs  sind und weiteren 7 Millionen die in Syrien auf der Flucht sind, wird unser Stadtbild sich verändern. Ich freue mich auf tolle Haarschnitte des Arabers meines Vertrauens und hoffe auf das eine oder andere syrische Restaurant. Auch würde ich mich freuen wenn ein paar von unseren neuen Freunden einmal meine Rente bezahlen. Denn in Deutschland gibt es ein Demografieproblem. Vielleicht abonnieren die auch mal eine Zeitung (irgendwann). Das nur für die von euch, denen Nächstenliebe ein Fremdwort ist. Heute gehören Italiener und Griechen genauso zu Deutschland wie der Türke am Dönergrill und keiner stellt das mehr in Frage. Im Gegenteil, wenn mir der Dönerproduzent das Land verlassen müsste, ich würde mit auswandern. Stellt euch Deutschland ohne Döner, Pizza und Gyros vor. Hier würde man ja nicht alt werden wollen. Okay, sehr kulinarisch der Gedanke, aber ich bin auch nur ein Mensch.

Ein lächerliches Wort noch aus meinem Berufsalltag. Bei uns in Deutschland herrscht Fachkräftemangel. Nur mal so für die, die mir mit “Die nehmen uns die Arbeitsplätze weg”-Argumenten kommen.

Ja, all die Gedanken nur, damit mir mein Araber 4€ mehr für den Haarschnitt in Rechnung stellen konnte. Ob das seine Absicht war? 😉

Veröffentlicht in Direkt Kommunikation

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